Wie funktioniert das Zitieren in wissenschaftlichen Arbeiten?
Die Grundlagen
(dddj-Tutorial #1)
Du schreibst demnächst deine vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) beziehungsweise deine erste Proseminar- oder Hausarbeit im Studium und fragst dich, wie das mit dem Zitieren funktioniert? Wir wollen dir einen Eindruck vermitteln, worauf es dabei ankommt und wie du es angehen kannst.
Dieser Blogpost ist der erste Artikel unserer Reihe dddj-Tutorial. Als Lektorinnen haben wir einen guten Überblick darüber, womit Autor:innen und Schreibende besonders kämpfen. In unserem Tutorial geben wir deshalb Tipps rund ums Verfassen von Texten, die Schreibenden das Leben mit der Feder beziehungsweise heutzutage mit der Tastatur leichter machen sollen.
Wozu muss ich überhaupt zitieren?
Kann ich mir den Aufwand nicht sparen? Die kurze Antwort: nein. Wenn du eine vorwissenschaftliche oder wissenschaftliche Arbeit schreibst, musst du zitieren. Wir erklären dir gleich, warum, aber zuerst möchten wir dich ein wenig beruhigen. Wir vier haben alle studiert und können uns noch gut daran erinnern, dass die Aufgabe, zu zitieren und Quellen anzugeben, zu Beginn kompliziert und manchmal sogar überfordernd gewirkt hat. Aber nach und nach, mit ein bisschen Übung fällt es immer leichter, Quellenangaben zu formulieren. Wir versprechen dir: Zitieren ist keine Hexerei!
Und nun zurück zur Frage: Warum muss man überhaupt zitieren? Um das nachvollziehen zu können, ist es wichtig, zu verstehen, was „zitieren“ im Kontext (vor-)wissenschaftlicher Arbeiten überhaupt heißt.
Wenn man im Alltag davon spricht, dass etwas „zitiert“ wurde, meint man, dass das, was jemand gesagt oder geschrieben hat, wortwörtlich wiedergegeben wird. Im wissenschaftlichen Zusammenhang ist aber mehr damit gemeint. Denn hier heißen nicht nur wortwörtliche Wiedergaben „Zitate“.
Hier wird alles, was aus einer Quelle wie einem Buch, einer Website oder auch einem Vortrag übernommen wurde, als „Zitat“ bezeichnet, auch wenn die Inhalte nur sinngemäß und in eigenen Worten wiedergegeben werden.
Wortwörtliche Zitate werden als „direkte Zitate“ bezeichnet. Wie auch in der alltäglichen Schriftsprache üblich müssen sie in Anführungszeichen gesetzt werden. Sinngemäße Wiedergaben heißen „indirekte Zitate“ und stehen nicht in Anführungszeichen. In beiden Fällen gilt: Es muss angegeben werden, woher die Inhalte stammen, das heißt, die Quelle muss genannt werden.
Ja, okay, aber WOZU?
Stell dir vor, du bist Wissenschaftler:in und erforschst, sagen wir, das Verhalten der Mary-River-Schildkröte (es lohnt sich übrigens, sie zu googeln). Jahrelang widmest du dich deinem Forschungsgebiet, sitzt stunden- und tagelang im Regen, um die Schildkröten besser kennenzulernen, zeichnest Diagramme, zählst die Tiere, verfolgst, wohin sie gehen, und so weiter. Tatsächlich gelingt es dir, einige neue Erkenntnisse zu gewinnen, du veröffentlichst sie und zukünftige Forscher:innen bauen darauf auf. Würdest du dir nicht wünschen, dass all deine Arbeit gewürdigt wird? Würdest du dir nicht wünschen, dass andere Wissenschaftler:innen die Fachartikel, die du verfasst hast, als Quelle angeben, anstatt einfach so deine Ideen zu übernehmen und darüber zu schreiben, als wären es ihre eigenen?
Neue Forschungen bauen immer auf Ideen auf, die schon jemand anderer formuliert hat, sie revidieren bestehende Theorien oder fügen ihnen neue Erkenntnisse hinzu.
Die Angabe von Quellen ist einerseits eine Würdigung der Arbeit früherer Forscher:innen. Mindestens genauso wichtig ist aber: Die Angabe von Quellen macht den Forschungsprozess nachvollziehbar.
Wenn die Quellen angegeben sind, ist es der Leserin, dem Leser möglich, die Behauptungen, die gemacht werden, zu überprüfen. Nehmen wir an, Dr. Manuel Überdrüber behauptet: Studien würden zeigen, dass rote Farbe Leute im Durchschnitt öfter zum Lächeln bringt als blaue Farbe. Er plädiert auf Basis dieser Erkenntnis dafür, die Wände in allen öffentlichen Einrichtungen rot anzustreichen. Dr. Claudia Sowieso liest Überdrübers Text und findet die Idee interessant. Aber bevor sie Maler:innen damit beauftragt, alle Wände im Amt anzupinseln, möchte sie es schon genauer wissen. Wie viele Studien hat denn Dr. Überdrüber unter die Lupe genommen? Hat er den Inhalt der Studien korrekt wiedergegeben oder hat er Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen? Mit welchen Methoden haben die Studien, auf die er sich bezieht, gearbeitet? Haben sie Tests mit fünf Personen oder mit fünfzig Personen gemacht? Wie viele unterschiedliche Rottöne wurden geprüft? Würde Dr. Überdrüber keine Quellen angeben, wäre es für Dr. Sowieso praktisch unmöglich, diese und ähnliche Fragen zu beantworten.
Wie Forscher:innen zu bestimmten Erkenntnissen gelangt sind, sollte immer nachvollziehbar sein. Denn nur so können ihre Thesen und Theorien auch überprüft werden. Und dazu gehört auch, anzugeben, welche Quellen herangezogen wurden, um die eigenen Ideen zu entwickeln.
Das gilt genauso für deine (vor-)wissenschaftliche Arbeit: Wenn du die Quellen, mit denen du dich auseinandergesetzt hast und die du in deine Arbeit einbeziehst, zitierst, dann zeigst du deiner Betreuerin, deinem Betreuer, dass du dir nicht „irgendetwas aus den Fingern saugst“. Du machst nachvollziehbar, wie du gearbeitet und dass du dich in das Thema vertieft hast.
Wie gebe ich meine Quellen an?
Zum einen musst du direkt im Text einen Hinweis geben, auf welche Quelle du dich beziehst, wenn du in einem Satz oder einem Absatz aus einem anderen Werk (direkt oder indirekt) zitierst. Zum anderen stellst du ans Ende deiner Arbeit ein Literaturverzeichnis, in dem alle Werke, die du zitierst, mit vollständigen Quellenangaben in alphabetischer Reihenfolge verzeichnet sind.
Grob gesagt gibt es zwei gängige Varianten, wie du im Text auf eine Quelle verweisen kannst.
In der einen Variante setzt du ans Ende deines Zitats in Klammern einen Kurztitel. Kurztitel heißt diese Angabe deshalb, weil es sich nicht um eine vollständige Quellenangabe handelt. Häufig werden in diesem Fall nur die Autorin, der Autor genannt und das Jahr, in dem das Werk erschienen ist. Diese Information ermöglicht es der Leserin, dem Leser dann, die vollständige Quellenangabe im Literaturverzeichnis zu finden.
So könnte in dem Text von Dr. Überdrüber folgender Satz vorkommen: „Die Resultate sind hier nicht eindeutig. Während einige Studien bei einem dunklen Rot die stärkste Wirkung messen (Kunterbunt 2018, S. 7; Buntspecht 2016, S. 15; Polychrom 2020, S. 9), konnten andere Forschungsarbeiten keine signifikanten Unterschiede feststellen (Regenbogen 2015, S. 35; Chromatos 2021, S. 8).“
In der anderen Variante setzt du den Verweis auf die Quelle in eine Fußnote. Am Ende des Zitats im Text findet sich in diesem Fall nur die Hochzahl, die auf die Fußnote verweist. In Fußnoten können dabei auch vollständige oder fast vollständige Quellenangaben gemacht werden – in der Fußnote stört eine vollständige Quellenangabe ja den Lesefluss weniger. Es kann aber auch hier mit Kurztiteln gearbeitet werden oder es wird eine Mischform verwendet: Bei der ersten Nennung einer Quelle bringt man die vollständige Quellenangabe, ab der zweiten Nennung einen Kurztitel.
Wie du an Überdrübers Beispiel vielleicht bemerkt hast, muss bei diesen Quellenangaben zu einem Zitat außerdem angegeben werden, auf welcher Seite der Quelle die von dir wiedergegebenen Inhalte zu finden sind. Im Literaturverzeichnis fällt diese Seitenangabe dann weg, hier verweist du nicht mehr auf eine einzelne Passage, sondern auf das gesamte Werk.
Reicht es denn nicht, Autor:in und Titel zu nennen?
Weiter oben haben wir von „vollständigen“ Quellenangaben gesprochen. Was ist damit gemeint? Vollständige Quellenangaben enthalten neben dem Namen der Autorin, des Autors und dem Titel des Textes weitere Angaben. Bei einer Monografie (also einem Text, der eigenständig als Buch erscheint) werden beispielsweise meist Autor:in, Titel, Auflage, Verlag und der Ort, an dem der Verlag ansässig ist, angegeben. Wenn man einen Artikel aus einem Sammelband (also einem Buch, das mehrere Beiträge meist von unterschiedlichen Autor:innen enthält) zitiert, muss man zusätzlich angeben, wer den Band herausgegeben hat und auf welchen Seiten der Artikel, den man zitiert, zu finden ist. Zitiert man einen Artikel aus einer wissenschaftlichen Zeitschrift, muss man zwar nicht den Verlag, bei dem die Zeitschrift erscheint, anführen, dafür aber, in welchem Jahrgang (also das wievielte Jahr) sie erscheint. Alle diese Angaben finden sich für gewöhnlich in den jeweiligen Publikationen.
Wenn Klara nicht angeben würde, in welchem Verlag und in der wievielten Auflage genau jener Text, aus dem sie zitiert, erschienen ist, könnte es in eine ziemliche Suchaktion ausarten, wollte man genau jene Stelle finden, auf die sie sich bezieht.
Diese zusätzlichen Angaben dienen dazu, ein Werk beziehungsweise eine Passage daraus möglichst eindeutig identifizierbar zu machen und es damit der Leserin, dem Leser möglichst leicht zu machen, genau jenes Werk zu finden. Wissenschaftliche Studien sind heutzutage häufig online abrufbar. Hier würde es theoretisch reichen, die Webadresse anzugeben, um eindeutig nachvollziehbar zu machen, um welche Quelle es sich handelt. Warum zusätzliche Angaben wichtig sind, wird etwas deutlicher, wenn man an folgendes Beispiel denkt: Klara Neugier zitiert aus dem Werk „Einführung in die Soziologie“. Solche Einführungen gibt es zuhauf und viele davon sind in vielen Auflagen erschienen, wurden über die Jahre überarbeitet und es wurden neue Inhalte ergänzt. Wenn Klara nicht angeben würde, in welchem Verlag und in der wievielten Auflage genau jener Text, aus dem sie zitiert, erschienen ist, könnte es in eine ziemliche Suchaktion ausarten, wollte man genau jene Stelle finden, auf die sie sich bezieht.
Was sind Zitierstile?
Wie werden nun aber all diese Angaben formal angeordnet? Das heißt, in welcher Reihenfolge werden sie angeführt und macht man zwischen den einzelnen Angaben ein Komma, einen Punkt oder einen Gedankenstrich?
Dafür gibt es nicht das eine Schema, dem alle Quellenangaben zu folgen haben. Vielmehr gibt es unterschiedliche sogenannte Zitierstile. Als Beispiel: Ein im deutschsprachigen Raum gängiger Zitierstil folgt den „Richtlinien der Manuskriptgestaltung“ (1), die von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Anlehnung an den im englischsprachigen Raum relevanten Zitierstil der American Psychological Association entwickelt wurden. Das Institut für Publizistik der Uni Mainz hat ein Infoblatt zusammengestellt, auf dem du sehen kannst, wie dieser Stil aussieht. Du kannst deine:n Betreuer:in fragen, ob es bestimmte Vorgaben gibt, an denen du dich orientieren kannst. Generell gilt: Wichtig ist, dass deine Quellenangaben einheitlich gestaltet sind und nicht einmal so und einmal so aussehen. Wenn wir eine wissenschaftliche Arbeit lektorieren, dann geht es neben Rechtschreibung, Grammatik, Stil und Schlüssigkeit der Argumentation auch genau darum: Sind alle Angaben da, die die Zitiervorlage vorsieht (ggf. Verlag, Verlagsort, Auflagennummer, Jahrgang und/oder Heftnummer der Zeitschrift), und sind sie einheitlich gestaltet?
Zitierstile legen also fest, welche Angaben bei Quellenverweisen zu unterschiedlichen Publikationsformen angeführt werden sollen und wie diese formal zu gestalten sind. Darüber hinaus enthalten sie auch Informationen dazu, wie ein Zitat gekennzeichnet werden soll (in Klammern im Fließtext oder in Fußnoten sowie weitere Details). Sind die Leitfäden, die diese Zitierstile erläutern, sehr umfassend, geben sie beispielsweise auch Hinweise dazu, wie Abbildungen und Tabellen zu beschriften sind.
Suche Schritt für Schritt jene Angaben in der Quelle heraus, die das Schema vorsieht, und füge sie zu einer vollständigen Quellenangabe zusammen. Wenn du es dir bei deinen Recherchen zur Gewohnheit machst, das zu üben, wird dir das Erstellen von Quellenangaben bald leicht von der Hand gehen.
Leitfäden, die einen Zitierstil präsentieren, gibt es viele.
Hier findest du drei Beispiele, zusammengestellt von Instituten österreichischer Unis:
- Richtlinien zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten des Fachbereichs für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie der Uni Wien
- Zitierrichtlinien der Fakultät für Architektur der TU Graz
- einen sehr umfassenden Leitfaden zum Verfassen von schriftlichen Arbeiten des Instituts für Musikwissenschaften der Uni Wien
Wirft man einen ersten Blick in solche Leitfäden, kann das schon etwas überwältigend wirken: Viele verschiedene Publikationsformen werden angeführt und die entsprechenden Quellenangaben sehen alle etwas unterschiedlich aus. Dazu kommen zahlreiche formale Details, die beachtet werden sollten: Wo kommt ein Komma? Wo kommt ein Doppelpunkt? Was steht in Klammern? Was soll kursiv gesetzt sein?
Wir raten dir deshalb, egal wie weit du mit deiner Arbeit bist, zur Probe gleich einmal mehrere Quellenangaben zu verfassen. Hast du schon das ein oder andere Werk der Fachliteratur für deine Arbeit herausgesucht? Versuch doch einmal, dafür eine Quellenangabe zu erstellen. Folge dabei genau dem Schema deines Leitfadens. Suche Schritt für Schritt jene Angaben in der Quelle heraus, die das Schema vorsieht, und füge sie zu einer vollständigen Quellenangabe zusammen. Wenn du es dir bei deinen Recherchen zur Gewohnheit machst, das zu üben, wird dir das Erstellen von Quellenangaben bald leicht von der Hand gehen.
Hat dir unser „Tutorial“ geholfen? Kannst du nun besser nachvollziehen, worauf es beim Zitieren in vorwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Arbeiten ankommt? Wenn du gleich tiefer ins Thema eintauchen willst, lies dir doch unseren Blogpost zu den Feinheiten des Zitierens durch.
Außerdem möchten wir dir die Website von Huberta Weigl ans Herz legen, die Studierende in Form von Coachings und Workshops beim Schreiben ihrer Uni-Arbeit begleitet. In ihren Blogposts zum Thema wissenschaftliches Arbeiten informiert sie über manche wenig beachteten, aber dennoch essenziellen Feinheiten des Zitierens.
Wir wünschen frohes Schaffen!
Wir möchten unserer lieben ehemaligen Kollegin Waltraud Wetzlmair-Zechner ein großes Dankeschön sagen, dass sie wieder ein wunderbares Bild zu unserem Blogpost beigesteuert hat.
(1) Deutsche Gesellschaft für Psychologie: Richtlinien zur Manuskriptgestaltung. 5., aktual. Aufl. Göttingen [u. a.]: Hogrefe, 2019.